Sonntag, 26. Januar 2014

Leben die das Meer nahm

Es ist jetzt genau sechs Wochen her, da wurden sieben junge Menschen – vier Frauen und drei Männer – von einer riesigen Welle in der Nähe der Stadt Setúbal erfasst, umgerissen und ins Meer gespült.
Dieses Unglück ereignete sich in den ersten Morgenstunden des 15. Dezember 2013, einer stürmischen Winternacht, am einsamen Strand der Praia do Meco.
Alle sieben ins Meer gerissenen Opfer waren Studenten der Lissabonner Privatuniversität „Universidade Lusófona“.
Sechs von ihnen – Andreia Revez, Carina Sanchez, Catarina Soares, Joana Barbosa, Pedro Tito Negrão, Tiago André Campos – starben bei dem Unglück und nur einer der Studenten - João Miguel Goveia – überlebte die Tragödie.

Seitdem versuchen die Polizei und die Familien der Opfer herauszufinden, was sich genau in dieser kalten und stürmischen Nacht an dem abgelegenen Strand von Meco ereignet hat.
Der einzige Überlebende Student hat bis heute, sowohl der Polizei als auch den Angehörigen seiner Mitkommilitonen, keine genauen Auskünfte über die Ereignisse dieser Nacht gegeben.
In einem gestern von seiner Familie veröffentlichen Brief lässt der überlebende Student lediglich mitteilen das er sich „zu gegebener Zeit, Ort und Stelle“ zu den Ereignissen dieser tragischen Nacht äußern wird.

Die Behörden gehen davon aus, dass sich die sieben Studenten, die einer Studentenvereinigung angehörten, und dessen Vorsitzender der überlebende Student war, sich an diesem Wochenende kurz vor Weihnachten trafen, um gemeinsam in einem „Komitee für Initiationsriten“ (port.: „comissão de praxes“), die Aufnahmerituale für die neuen Studenten der Universität zu planen und wohl auch zu testen.
Dabei muss, wahrscheinlich bei einem „Selbstversuch“, ganz gehörig was schief gelaufen sein, was letztendlich zum Tod von sechs jungen Menschen geführt hat.

Wie dem auch sei:
Portugiesische Studentenvereinigungen begründen hierzulande ihre jeweiligen Aufnahmerituale, „praxes“ genannt, stereotyp immer damit, dass sie den Gruppenzusammenhalt unter den einzelnen Studenten fördern wollen.
Nun, das wäre zu verstehen und akzeptabel, wenn diese Initiationen nur lautstarke Späße wären.
Aber die Realität sieht leider anders aus!
Wer den Alltag an portugiesischen Universitäten kennt – und vor allem an den Privaten – weiß das solche Aufnahmerituale oftmals brutale, äußerst erniedrigende Prüfungen sind, die junge Studenten über sich ergehen lassen müssen, um von den anderen Studenten der Universität akzeptiert zu werden.

Und so diskutiert wieder einmal die portugiesische Gesellschaft darüber, wie geschmacklos und brutal viele der Universitätsbräuche sind, denen jedes Jahr hunderte von jungen Menschen physisch und psychisch zum Opfer fallen.
Aber da kann man diskutieren so viel man will – ändern wird sich dadurch nichts.

Die einzigen die etwas ändern können sind die Studenten, ihre Vereinigungen und die Universitäten selbst.
Die Studentenverbindungen müssen zukünftig freiwillig auf ihre teilweise schon fast kranken Bräuche verzichten und der Gesetzgeber muss den jeweiligen Bildungsanstalten solche Rituale einfach gesetzlich verbieten!

Wer mich kennt, weiß was ich von Studentenvereinigungen und ihren skurrilen, grausamen Aufnahmeritualen halte und wie sehr mich diese anwidern!

Und natürlich stelle auch ich mir jetzt viele Frage:
Was haben die Studenten in dieser kalten, stürmischen Winternacht um zwei, drei Uhr morgens an einem einsamen Strand gesucht?
Warum hatten alle ihre Universitätsuniformen an?
Warum hatte keiner von ihnen ein Handy bei sich?
Waren sie in dieser Nacht alkoholisiert oder hatten sie gar Drogen genommen?
Warum schweigt der einzige Überlebende dieser tragischen Nacht bis heute?
Welche Schuld haben letztendlich die Studenten selbst an ihrem eigenen Tod?

Diese und andere Fragen werden die Polizei und die Staatsanwaltschaft jetzt zu beantworten versuchen.
Auf die freiwillige Mithilfe des überlebenden Studenten werden sie nur schwerlich zählen können, denn normalerweise ist alles was sich hinter den Türen der Studentenverbindungen abspielt absolut geheim und interne Informationen werden nicht weitergegeben. Wer dies doch tut, der wird gemobbt und braucht sich danach auf dem Campus nicht mehr sehen zu lassen.
So ein krankes System ist das!

Aber es wäre auch zu einfach, die Schuld nur bei den Studenten zu suchen.
Meiner Meinung nach sind die Rektoren und Hochschullehrer dieser so genanten privaten Universitäten – die sich ja rühmen die Elite unseres Landes auszubilden – die Hauptschuldigen für die demütigenden und skurrilen Exzesse die sich an ihren Lehranstalten ausbreiten wie Krebsgeschwüre!

Solange die Studentenvereinigungen nicht freiwillig Änderungen zulassen werden und solange die Privatuniversitäten Änderungen nicht gesetzlich durchsetzen wollen, solange werden solche Tragödien, wie die von der Praia do Meco, leider vorprogrammiert sein!

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