Samstag, 2. Februar 2013

Die Fünf-Minuten-Regierung



Als am 05. Oktober 1910 ein paar radikale Mitglieder der Republikanischen Partei Portugals (port.: Partido Repúblicano Português) vom Balkon des Lissabonner Rathauses die Republik ausriefen, fand die Monarchie, gezwungener Maßen, in Portugal ihr vorzeitiges Ende.

Anstatt, wie es die Republikaner damals versprochen hatten, Portugal Frieden, Fortschritt, Ordnung und Stabilität zu bringen, brachte die Erste portugiesische Republik (port.: Primeira Republica Portuguêsa), die von 1910 bis zur Gründung der Diktatur des Estado Novo im Jahre 1926, 16 Jahre lang dauerte, dem Land eher eine Menge Chaos, Unstabilität und Extremismus.
Man kann nicht sagen, dass in den ersten Jahren nach der Monarchie, ein politisches Amt in Portugal etwas dauerhaftes oder langlebiges gewesen wäre.
Im Gegenteil, in 16 Jahren brachte es die Erste Republik immerhin auf acht Staatspräsidenten, 20 Staatsstreiche und sage und schreibe 44 Regierungen!

Den traurigen Rekord, was die Kurzlebigkeit einer Regierung angeht, hält hierbei der aus Foz de Arouce, bei Lousã, stammende Rechtsanwalt Francisco José de Meneses Fernandes Costa.
Er stand seiner Regierung als Präsident des Ministerrates (port.: Presidente do Concelho de Ministros), was dem heutigen Titel eines Premierministers gleichkommt, gerade mal fünf Minuten vor!

Fernandes Costa, der von Haus aus Rechtsanwalt war, hatte zuvor schon mehrere politische Ämter bekleidet.
Unter anderem war er von Juni 1912 bis zum Januar 1913 Minister der Marine, ein Amt das er im Jahre 1915 noch einmal für ganze zwei Tage, vom 15. bis zum 17. Mai, innehatte.
Vom März 1916 bis zum April 1917 war er, immerhin für 13 Monate, Bauminister!

Am 14. Januar 1920 berief der damalige Präsident der Republik, António José de Almeida, seinen Parteifreund Fernandes Costa zum neuen Premierminister.
Am nächsten Tag, dem 15. Januar, befand sich Fernandes Costa am Morgen in seinem Büro am Terreiro do Paço, in der Junta do Crédito Público (dt.: Öffentliche Kreditverwaltung), dessen Präsident er war.
Nachdem er von seiner Nominierung erfahren hatte, wartete er auf die Autoeskorte die ihn und einpaar seiner zukünftigen Minister zum Amtssitz des Staatspräsidenten, dem Palacio de Belém, zu ihrer Vereidigung bringen sollte.
Als sie die Autos besteigen wollten, gruppierte sich eine Menschenmenge vor dem Gebäude, die vom militanten Arm des Partido Democrático (port.: Demokratische Partei), die doch eher radikal als demokratisch waren, angestachelt wurden, und den zukünftigen Premierminister tätlich angriffen, bespuckten und mit Steinen bewarfen.
Als die herbeigerufene Sicherheitspolizei GNR (port.: Guarda Nacional Repúblicana = dt.: Republikanische Nationalgarde), die damals unter der Leitung extremer Militärs stand, keine Anstalten machte die zukünftigen Minister zu schützen und der Mob schließlich das Gebäude stürmte, beschloss Fernandes Costa durch den Hinterausgang zu fliehen.

Wie vereinbart fuhr Fernandes Costa nach Belém, zum Amtsitz des Staatspräsidenten.
Dort legte er sein Amtseid vor Präsident António José de Almeida ab.
Doch angesichts der Geschehnisse vom Tag, bat er diesen gleich danach um seinen Rücktritt.
Zwischen Amtseid und Amtsverzicht von Francisco José de Meneses Fernandes Costa sollen an diesem 15. Januar 1920 ganze fünf Minuten gelegen haben!
Fünf Minuten, die als die „Fünf-Minuten-Regierung“ (port.: „Governo dos Cinco Minutos“) in die portugiesischen Geschichtsbücher eingegangen ist.

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