Mittwoch, 29. August 2012

Die Portugiesen bei den Paralympischen Sommerspielen 2012 in London




Im Beisein des portugiesischen Premierministers Pedro Passos Coelho, eröffnete heute Abend in der britischen Hauptstadt London die englische Königin Elisabeth II die XIV. Paralympischen Sommersiele 2012 (port.: Jogos Paralimpícos de Verão de 2012).

Über 4.200 körperamputierte, blinde, körperlich oder geistig behinderte Sportlerinnen und Sportler aus 166 Nationen werden zwischen dem 29. August und dem 09. September 2010 an diesen größten Behinderten-Weltspielen teilnehmen.
Seit 1948 werden für Sportler mit Behinderungen nach den Olympischen Sommer- und Winterspielen immer begleitende Spiele veranstaltet.

Warum diese Spiele immer nach den „normalen“ Olympischen Spielen stattfinden müssen und nicht etwa mit diesen zusammengelegt werden, habe ich nie verstanden.
Meiner Meinung nach gehören behinderte Menschen zweifelsohne in die Gesellschaft – und das sollte auch für den Sport gelten!

Insgesamt 30 behinderte Athletinnen und Athleten aus Portugal werden in den kommenden 12 Tagen in London in fünf Disziplinen an den Start gehen.
Dies ist die kleinste portugiesische Mannschaft seit den Paralympics 1992 in Barcelona.
Die grün-rote Flagge Portugals trug heute Abend, bei der Eröffnungsfeier im Olympiastadion, die Kugelstoßerin Inês Isabel Maciel Fernandes.

Die portugiesischen Teilnehmer an den XIV. Paralympischen Sommersielen 2012 in London sind:

Boccia (port.: boccia)

- Abílio Manuel Bessa Valente
- Armando Fonseca Costa
- Cristina Maria Jesus Gonçalves
- Domingos Vieira
- Fernando Manuel da Costa Ferreira
- João Paulo dos Santos Fernandes
- José Carlos da Silva Macedo
- Luís Daniel Ferreira Silva
- Susana Cristina Carvalheira Barroso

Leichtathletik (port.: atletismo)

- Firmino Francisco Andrade Baptista
- Gabriel Macchi
- Gabriel Potra
- Hugo Miguel Veríssimo Cavaco
- Inês Isabel Maciel Fernandes
- Joaquim Ferreira Machado
- Jorge Teixeira Pina
- José Alves
- Lenine Francisco da Silva Cunha
- Maria Odete Fiúza
- Nélson da Conceição Madeira Gonçalves
- Nuno Miguel Fernandes Alves
- Raquel Andreia de Sousa Faria Cerqueira
- Ricardo Manuel Martins do Vale
- Ricardo Marques

Reitkunst (port.: equitação)

- Sara Duarte

Rudern (port.: remo)

- Filomena Maria Rosa Esteves Franco

Schwimmen: (port.: natação)

- Adriano Nascimento
- David Realista Grachat
- João Manuel Rodrigues Martins
- Simone Silva Machado Fragoso


Noch vor wenigen Wochen wurden wir mit etlichen Beilagen in den hiesigen Tageszeitungen und vielen Sondersendungen im Fernsehen zur EM und zu Olympia bombardiert.
Mal sehen wie es jetzt bei der Olympiade für Behinderte aussehen wird!

Sonntag, 26. August 2012

Die 13. Internationale Architektur-Biennale von Venedig



Am kommenden 29. August 2012 wird in der italienischen Lagunenstadt Venedig die 13. Internationale Architektur-Biennale (port.: 13ª Mostra Internacional de Arquitectura da Bienal de Veneza) eröffnet.
Die Architektur-Biennale, die zu den größten architektonischen Kunstveranstaltungen der Welt gehört, findet alle zwei Jahre im Rahmen der Biennale von Venedig (port.: Bienal de Veneza / ital.: Biennale di Venezia) statt, die vor allem wegen ihres berühmten Filmfestival bekannt ist, aber auch wegen ihrer bedeutenden Kunstausstellungen, Musik-, Tanz- und Theaterfestivals.

Mehr als 100 renommierte Architekten, Fotografen, Künstler und Wissenschaftler aus 55 Ländern der Welt werden an diesem architektonischen Event teilnehmen, dass unter der Leitung des britischen Architekten Sir David Chipperfield steht.

Portugal wird sich in Venedig mit einer Ausstellung, die den Namen „Lisbon Ground“ trägt, im Stadtpalast Fondaco Marcello am Canal Grande präsentieren.
Diese Ausstellung, die von Inês Lobo koordiniert wird, wird u. a. Werke der Architekten Álvaro Siza Vieira, Eduardo Souto de Moura, Gonçalo Byrne, João Luis Carrilho da Graça und der Gebrüder Manuel und Francisco Aires Mateus zeigen.

Unter den großen Namen der in Venedig vertretenen internationalen Architekten-Elite befinden sich der schon erwähnte portugiesische Architekt Álvaro Siza Vieira, der Brite Sir Norman Foster, die aus dem Irak stammende Zaha Hadid, der Deutsche Muck Petzet und die Schweizer Jacques Herzog und Pierre de Meuron.

Vom künstlerischen Direktor der diesjährigen Biennale, Sir David Chipperfield, wird Álvaro Siza Vieira am 29. August, dem Eröffnungstag, den diesjährigen Goldenen Löwen (port.: Leão de Ouro / ital.: Leone d’Oro) von Venedig verliehen bekommen.
Der portugiesische Stararchitekt, der heute wohl Portugals bekanntester Baukünstler ist und zweifelsohne zu den bedeutendsten zeitgenössischen Vertretern der Architektur der Moderne weltweit gehört, erhält diese besondere Auszeichnung für sein ausgesprochen reiches und kreatives Lebenswerk.
Allerdings wird er den Goldenen Löwen wohl nicht persönlich entgegennehmen können, da er wegen eines im Juni erlittenen schweren Treppensturzes, sicherlich nicht in Venedig sein kann.

Ein Satz des portugiesischen Poeten Fernando Pessoa, aus dessen „Buch der Unruhe“ (port.: „O Livro do Desassossego“), begleitet und fasst die Begründung der Auszeichnung an Siza Vieira durch den Verwaltungsrat der Biennale von Venedig zusammen.
Er lautet:

„Ich habe die Maße dessen, was ich sehe und nicht das Maß meiner Größe vor Augen.“
(Fernando Pessoa)

(port.: „Porque eu sou o tamanho do que vejo e não do tamanho da minha altura.“)
(Fernando Pessoa)

Sonntag, 19. August 2012

Portugal dos Pequenitos









In meinem vor wenigen Tagen hier erschienenen Blogeintrag „Cassiano Viriato Branco“, vom 13. August 2012, schreibe ich über den Architekten der Moderne, Viriato Branco, und erwähne im Text eines seiner größten architektonischen Meisterwerke, nämlich den Kinderthemenpark „Portugal dos Pequenitos“ (port.: „Portugals der Kleinsten“), der in der nördlich von Lissabon gelegenen Stadt Coimbra steht.

Dieser Kinderthemenpark ist eine Idee des renommierten Kinderarztes, Universitätsprofessors und Politikers Fernando Baeta Bissaya Barreto Rosa, der diesen Ort mit durchaus klaren pädagogischen Hintergedanken als Freizeitpark für Kleinkinder entwarf, um ihnen so, auf spielerische Art und Weise, die architektonischen und historischen Aspekte Portugals nahe bringen zu können.
Anfang 1938 setzte sich der Mediziner Bissaya Barreto mit dem schon erwähnten Architekten des Arte Deco, Cassiano Viriato Branco, zusammen und beide nahmen sie das Projekt „Portugal dos Pequenitos“ in Angriff.

In drei thematischen Areals, die zwischen 1938 und den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts erbaut wurden, hat man hier die bedeutendsten Baudenkmäler Portugals, die typischen Wohnhäuser der portugiesischen Regionen und die vielen Gebäude der ehemaligen Kolonien als Miniaturen dicht beieinander aufgebaut.

„Portugal dos Pequenitos“ ist nicht ein Freizeitpark im herkömmlichen Sinne, mit zahlreichen Fahrgeschäften, Karussells und Achterbahnen, sondern eher eine große Parkanlage mit vielen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung und Erholung für Kinder.
In dieser portugiesischen Miniaturwelt soll das aktive Handeln und Lernen der Kinder, sowie ihr daraus resultiertes Wissen, stark gefördert werden.

In dem ältesten Teil des Parks, der zwischen 1938 und 1940 erbaut wurde, kann man an kleinen Miniaturgebäuden, die einzelnen architektonischen Baustile der verschiedenen Regionen Portugals, wie die des Minho, Trás-os-Montes, des Douro, der Beiras, der Estremadura, des Alentejo und der Algarve, bewundern.
Auf diesem Areal befinden sich auch zwei große Seen, mit mehreren kleinen Inseln auf denen verschiedene Miniaturgebäude stehen, die die Inselwelt der Azoren und die der Insel Madeira darstellen sollen.
Auch die Universitätsstadt Coimbra, in dem der Park „Portugal dos Pequenitos“ steht, wird hier in diesem Areal mit den Miniaturbauten einzelner wichtiger Gebäude der Stadt, wie z.B. der Universität und der zwei Kathedralen der Stadt, thematisch besonders bedacht.
Nach nur zwei Jahren Bauzeit wurde der Park, am 08. Juni 1940, offiziell eröffnet.

In den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts kam dann ein zweites Areal hinzu.
Auf diesem wurden einige der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Portugals, wie etwa die Torre de Belém, das Hieronymuskloster und das Denkmal der Entdeckungen in Lissabon, die Klöster von Batalha und Tomar und der römischen Dianatempel in Évora, im Miniaturformat errichtet.

Im dritten und jüngsten Areal des Parks, welches erst Ende der 50er Jahre fertig gestellt wurde, kann man, umrahmt von einer tropischen Vegetation, zahlreichen ethnographischen Artefakten und Skulpturen und in einem für die damalige Zeit den europäischen Idealisierungen des Schwarzen Kontinents entsprechenden Baustils, die Nachbildungen typischer Hütten und Häuser der ehemaligen portugiesischen Kolonien Angola, Moçambique, Guinea-Bissau, São Tomé und Principe, Brasilien, Indien, Ost-Timor und den Kapverdischen Inseln bewundern.

Viele meinen, der Themenpark „Portugal dos Pequenitos“ wäre überholt und diese Miniaturwelt wäre heute nichts mehr als ein lebendiges Beispiel für die Verharmlosung der Kolonialpolitik des ehemaligen Diktators António de Oliveira Salazar.
Es gibt gar einige wenige Portugiesen die behaupten, ihre Kinder würden einen seelischen Schaden davon tragen, wenn sie diesen Themenpark besuchen würden, und verbieten daher ihren Sprösslingen sogar einen Schulausflug in den Park „Portugal dos Pequenitos“.

Doch das heutige demokratische und europäische Portugal hat sich vom ehemals diktatorischen und kolonialen Portugal von gestern weit distanziert.
„Portugal dos Pequenitos“ ist heute lediglich eine Miniaturwelt, die an das riesige portugiesische Kolonialimperium und die beispiellose kulturelle und ethnische Vielfalt die es einstmals auf portugiesischem Territorium gab, erinnert.

Nicht mehr und nicht weniger!

Donnerstag, 16. August 2012

Eselsohren: „Die Raben von Carcassonne“

In meinem Urlaub, letzte Woche, habe ich den Roman „Die Raben von Carcassonne, des Schriftstellers E. W. Heine, gelesen.
Ich hatte dieses Buch Ende März auf dem alljährlich stattfindenden ökumenischen Osterbasar der DEKL erstanden und ihn schon fast wieder zwischen all meinen anderen Büchern vergessen.

Die Hauptperson dieses Romans, der im mittelalterlichen Frankreich spielt, ist der junge Leander Latour, der in der südfranzösischen Stadt Carcassonne das Amt des Henkers und Scharfrichters innehat.
Trotz seiner blutigen Ausübung ist er ein liebevoller, intelligenter und einfühlsamer Mensch, der immer Versucht den Verurteilten, ein schnelles und, soweit wie möglich, schmerzloses Ende zu bereiten.

Eines Tages lernt er in seinem geheimnisvollen Turmkerker eine verurteilte Katharerin kennen, die er auf einem Scheiterhaufen verbrennen soll.
Da sie in ihm den Erben des heiligen Grals sieht, schenkt sie ihm ein Amulett der sein Leben schicksalhaft verändern soll.
Die Katharer waren eine christliche Sekte die, vom 12. bis zum 14. Jahrhundert, vor allem in Südeuropa verbreitet war, und die die katholische Kirche erbarmungslos verfolgte und schließlich vernichtete.

Ich habe „Die Raben von Carcassonne“ in nur zwei Tagen gelesen.
Obwohl es sich bei diesem Roman um eine sehr seltsame und historisch mehr als zweifelhafte Geschichte handelt, die voller überraschender Wendungen ist, so ist sie doch ein sehr spannendes und voller Magie geschriebenes Werk, das es mit jedem Bestseller von Dan Brown aufnehmen kann.

E. W. Heine, der mit vollem Namen Ernst Wilhelm Heine heißt, ist 1940 in Berlin geboren und ist von Hause aus Architekt.
Er ist Autor verschiedener satirisch-skurrilen Kurzgeschichten, die unter der Bezeichnung „Kille-Kille-Kurzgeschichten“ bekannt sind und einen gewissen Kultstatus erreicht haben.
Seinen Roman „Die Raben von Carcassonne“ schrieb E. W. Heine im Jahre 2004 und die erste Auflage erschien ein Jahr später, im Mai 2005, im Bertelsmann Verlag.

Montag, 13. August 2012

Cassiano Viriato Branco

Heute, auf den Tag genau vor 115 Jahren, am 13. August 1897, wurde im Lissabonner Stadtteil São José, unweit der Praça dos Restauradores, der portugiesische Architekt Cassiano Viriato Branco als Sohn des aus dem alentejanischen Alcácer do Sal stammenden Cassiano José Branco und seiner Ehefrau Maria da Assunção Viriato geboren.
Als Sohn eines Kleinindustriellenpaares, zumal als dessen einziges Kind, hatte Cassiano die Chance ein sehr gutes Schulsystem zu genießen und ein solides Studium zu absolvieren.

Recht früh, mit gerade erst einmal 20 Jahren, heiratete er im Jahre 1917 die junge Maria Elisa Soares Branco – eine Liebeshochzeit.
Nach der Heirat begann er sein Architekturstudium und beendete dieses, sehr erfolgreich, im Jahre 1926.
Er spezialisierte sich auf den modernen Baustil des Art Deco und wurde später ein wahrer Meister dieses Stils.
Cassiano Branco brachten seine originellen Bauwerke, sowohl im Inland als auch im Ausland, später einmal einigen Ruhm ein.

Er baute die verschiedensten Hotels, Theater, Wohnhäuser, Kinos und sogar einige Talsperren.
In der damaligen Überseeprovinz Angola errichtete er in der Stadt Benguela, den damaligen Hauptbahnhof der Stadt.
Cassiano Viriato Branco ist auch der Architekt des Kinderthemenparks „Portugal dos Pequenitos“ (dt.: „Portugal der Kleinsten“), in der Stadt Coimbra, einem Vergnügungspark für die Kleinsten unter uns, der sich auch heute noch größter Beliebtheit erfreut.

Cassiano Branco war als Architekt nicht immer unumstritten, zumal er als überaus cholerisch galt, wenn es um die Verwirklichung seiner Ideen ging.
Aber er war ein Visionär, ein Visionär, der bis an sein Lebensende versuchte seine Träume in Beton zu verwirklichen.

Am Anfang seiner Kariere wurde er von Diktator António de Oliveira Salazar noch gefördert und der Diktator hegte sogar eine gewisse Sympathie für ihn.
Doch spätestens 1958, als er Humberto Delgado, den oppositionellen Kandidaten für das Präsidentenamt in Portugal unterstützte, und so offen gegen Salazar anging, geriet er in Ungnade und wurde von der Geheimpolizei PIDE (port.: Policia International e de Defesa do Estado / dt.: Internationale Staatsschutzpolizei) festgenommen.
Nach seiner Festnahme wurde er nur noch geduldet und durfte seinen Beruf nicht mehr frei ausüben.

Zu den bedeutendsten und charakteristischsten Bauwerken von Cassiano Viriato Branco gehören

- das Rathaus in der Kleinstadt Sertã (port.: Paços do Concelho da Sertã), aus dem Jahre 1927

- die Markthalle von Santarém (port.: Mercado Municipal de Santarém), im Jahre 1928 fertig gestellt

- das Eden-Theater (port.: Teatro Eden), an der Praça dos Restauradores in Lissabon, aus dem Jahre 1932

- das ehemalige Hotel Vitória, in der Avenida da Liberdade n° 168 in Lissabon, heute im Besitz der KP Portugals (PCP), aus dem Jahre 1934

- das wunderschöne Grand Hotel Luso, in der Kleinstadt Luso, eingeweiht am 27. Juli 1940

- das Coliseu do Porto, eine Mehrzweckhalle in der Stadt Porto, aus dem Jahre 1939

- das Kinogebäude Império (port.: Cine-Teatro Império), aus dem Jahre 1948, in Lissabon

- Portugal dos Pequenitos, ein Kinderthemenpark das noch heute Kinderherzen höher schlagen lässt und am 08. Juni 1940 eingeweiht wurde

- das Hotel Britania in Lissabon, oftmals auch Hotel do Império genannt, aus dem Jahre 1942

- der Hauptbahnhof von Benguela, in der Stadt Benguela in Angola

Cassiano Viriato Branco verstarb am 24. April 1970, im Alter von 72 Jahren, in seiner Heimatstadt Lissabon.

Aus Anlass seines 115. Geburtstages hat die amerikanische Suchmaschine Google heute den Architekten Cassiano Branco mit einem besonderen „doodle“ geehrt.
Diesem „doodle“, das eine Burg im Themenpark „Portugal dos Pequenitos“ darstellt, ist es zu verdanken, dass ich heute noch diesen Beitrag geschrieben habe.
Denn wie viele andere auch, so hätte auch ich heute den Geburtstag dieses Genies der Architektur, wie ihn viele zu Lebzeiten genannt haben, einfach nur vergessen!

Mittwoch, 8. August 2012

Ein goldener Moment in Silber

Die zwei portugiesischen Kajakfahrer Emanuel Silva und Fernando Pimenta haben heute Morgen in London die erste, lang ersehnte, Olympische Medaille für Portugal gewonnen – ein goldener Moment in Silber!

Beide gewannen sie die Silbermedaille im Kajak-Zweier (port.: duplo-caiaque) der Herren über 1.000 m, hinter Rudolf Dombi und Roland Kokeny aus Ungarn, die die Goldmedaille gewannen, und noch vor den Deutschen Martin Hollstein und Andreas Ihle, die die Bronzemedaille erhielten.

Viele außerhalb Portugals werden jetzt sagen:
„Ach, ist ja nur eine Silbermedaille!“
Aber für uns Portugiesen ist diese Silbermedaille die lang erhoffte und lang ersehnte Medaille dieser Olympischen Spiele.
Bis heute hatte Portugal nämlich noch keine Medaille in London gewonnen!

Wir Portugiesen wissen, dass wir keine Sportnation sind, so wie China, Deutschland oder die USA eine sind.
Nichtsdestotrotz haben wir uns mehr von den diesjährigen Olympischen Spielen in London erwartet.
Aber die Tatsache, das wir bis jetzt leer ausgegangen sind, ist nun einmal die traurige Realität, der wir uns Portugiesen, seien wir Sportler oder Zuschauer, nun einmal stellen müssen.

Und die traurige Realität ist die, das außer im Fußball, die meisten Portugiesen zum größten Teil überhaupt nicht die portugiesischen Sportler kennen.
Und weil sie sie fast alle nicht kennen, können sie sich weder mit ihnen identifizieren, können weder mit ihnen zittern noch bangen oder sich mit ihnen freuen.
Und, die wenigen Sportler außerhalb des Fußballs, die man hier in Portugal kennt, bekommen ehrlicherweise auch nur alle vier Jahre eine gewisse Aufmerksamkeit geschenkt – nämlich eben zu den Olympischen Spielen.

Die meisten Portugiesen beachten diese Sportler also jahrelang nicht, wissen oftmals noch nicht einmal ihre Namen, aber wenn diese dann an den Start gehen, erhoffen sich die meisten, absurderweise, immer eine Medaille von ihnen, am besten noch eine goldene.

Gewinnen sie dann eine Medaille, so wie heute geschehen, dann sind sie die Größten, ja wahre Nationalhelden.
Die Fernsehanstalten bringen dann etliche Sondersendungen, in den Fernsehnachrichten werden die Eltern, die Geschwister, die Oma, der Schulfreund und sogar der Hund des jeweiligen Sportlers interviewt und die Sportler müssen dann zum X-Mal, vor laufender Kamera, in ihre Medaille beißen, damit auch jeder Hinterwäldler wirklich versteht, dass es sich bei dieser um Edelmetall handelt.

Bringen sie aber die erhoffte Medaille nicht nach Hause, dann sind sie „Versagen“, „Faulpelze“, „Witzblattfiguren“ und „Schmarotzer die auf Kosten der portugiesischen Steuerzahler im Ausland urlauben…“

Zu oft wird hierzulande vergessen, das die Männer und Frauen, die für Portugal bei großen sportlichen Events, und nicht nur bei Olympischen Spielen, laufen, schwimmen, Rad fahren, paddeln, reiten oder segeln reine Amateure sind.
Sie finanzieren oftmals ihren Sport selbst und müssen manchmal für viele Kosten, wie Hotelaufenthalt, Flug und Sportgeräte, selbst aufkommen.
Es wird einfach ignoriert das diese Sportler dann in einem ungleichen Wettbewerb gegen Gegner antreten müssen, die jegliche staatliche Förderung erhalten, von der Wirtschaft gesponsert werden und sich um ihre sportliche als auch berufliche Karriere keine Sorgen machen brauchen.

Umso wertvoller ist daher, zweifelsohne, die heute von den Amateuren Emanuel Silva und Fernando Pimenta gewonnene Silbermedaille in London.

Parabéns Emanuel e Fernando!

Sonntag, 5. August 2012

Arraiolos







Vor Tagen habe ich mit meiner Familie einen kleinen Ausflug nach Arraiolos, im Alentejo, gemacht.
Die Kleinstadt (port.: vila) Arraiolos liegt etwa 20 km nördlich von Évora auf einer sanften Anhöhe über der weiten Ebene des Alentejo.
Die Stadt zählt knapp 7.500 Einwohner, die vor allem von der Teppichweberei und dem entsprechenden Handel, von der Korkindustrie und neuerdings auch vom Tourismus leben.

Als König Afonso Henriques, der erste König Portugals, im Jahre 1147 die Stadt Lissabon von den Mauren eroberte, vertrieb er diese aus der Stadt.
Die Lissabonner Mauren flohen gen Süden und einige von ihnen ließen sich in dem damals noch sehr dörflichen Arraiolos nieder.
Der Ort gewann dann aber, auch Dank der vielen arabischen Teppichhändler die sich innerhalb seiner Mauern niederließen, recht schnell an Bedeutung.
So kam es, das bereits im Jahre 1290 Arraiolos von König Dinis die Stadtrechte verliehen bekam.

Irgendwann wurden die Mauren aber auch aus Arraiolos vertrieben und sie verschwanden vom Stadtbild.
Aber sie gingen nicht spurlos!
Im Gegenteil, sie hinterließen ein signifikantes Teil ihres kulturellen Erbes für immer in der Stadt zurück – ein Erbe das sich bis heute erhalten hat.
Die Rede ist hier von den schönen Teppichen aus Arraiolos (port.: tapetes de Arraiolos), die in einer besonderen kreuzstichähnlichen Technik aus reiner Wolle gefertigt werden, und über die Landesgrenzen hinweg bei Liebhabern bekannt sind.
Zunächst verwandten die Mauren vorwiegend orientalische Muster, indem sie Perserteppiche imitierten. Später, als dann die Portugiesen die Stadt und auch das Teppichhandwerk in Besitz nahmen, kamen dann auch volkstümliche und geometrische Muster hinzu.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Arraiolos-Teppiche eine Zeit lang nicht mehr so gefragt. Doch seit Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts sind die meist in kräftigen Farben gehaltenen Teppiche wieder groß in Mode.

Über den weißen Häusern der Stadt, mit ihren meist gelben oder blau eingerahmten Fenstern, erhebt sich die mächtige Ruine der alten Rundburg Paço dos Alcaides aus dem 14. Jahrhundert.
Von der Burg existieren heute leider, neben den Außenmauern, nur noch sechs viereckige Türme und die zwei schlecht erhaltenen Stadttore Porta da Vila und Porta de Santarém.
Die Kirche Igreja Matriz do Salvador, die inmitten der Burgmauern steht, stammt aus dem 16. Jahrhundert.
Von der Burg aus hat man einen weiten Blick über Arraiolos und die fruchtbare Ebene des Alentejo.

Am zentralen Platz der Stadt, der Praça Lima e Brito, die auch unter ihrem alten Namen Praça do Municipio bekannt ist, steht das Rathaus (port.: Câmara Municipal) aus dem 19. Jahrhundert.
Im Rathausgebäude ist eine sehr sehenswerte Ausstellung der schönen Teppiche von Arraiolos untergebracht, deren Besuch ich allen nur wärmstens empfehlen kann.

Unweit des Rathauses, am gleichen Platz, befindet sich das kleine Restaurant „O Gingão“, das mit einer hervorragenden regionalen Küche aufwarten kann.
Die regionale Küche von Arraiolos und Umgebung ist berühmt für ihre schmackhaften Schweine- und Kalbfleischgerichte, sowie für die typisch-kräftigen Eintöpfe mit viel Fleisch und Gemüse, die unter dem Namen „sopas alentejanas“ bekannt sind.

Südlich der Praça Lima e Brito steht die Igreja da Misericórdia (dt.: Kirche der Barmherzigkeit), die im 16. Jahrhundert gegründet wurde und die in ihrem Inneren mit einem wunderschönen Azulejoschmuck aus dem 18. Jahrhundert und beachtenswerten Malereien alter alentejanischer Meister aufwarten kann.

Im Norden, etwas außerhalb des Stadtzentrums, liegt das aus dem 16. Jahrhundert stammende Kloster Convento de Nossa Senhora da Assunção, das auch Convento dos Lóios genannt wird, weil es über viele Jahre hinweg dem Lóios-Orden als Bleibe gedient hat.
Heute ist in dem früheren Kloster eines der exklusivsten Pousadas Portugals untergebracht (lesen sie bitte hierzu auch meinen Blogeintrag „Pousadas in Portugal“, vom 05. Januar 2012).
Die Kirche des ehemaligen Klosters besitzt ein wunderschönes manuelistisches Portal und ist ganz und gar mit Azulejos ausgelegt.
Eine illusionistische Malerei bewirkt, dass das Innere der Kirche dem Besucher optisch erweiterter vorkommt, als es in Wirklichkeit ist.

Arraiolos mag auf den ersten Blick einen etwas verschlafenen Eindruck auf seine Besucher machen.
Aber es ist gerade diese Abgeschiedenheit und die reizvolle Umgebung in der die Stadt liegt, die Arraiolos zu einem Geheimtipp für jeden Alentejoliebhaber machen.

Freitag, 3. August 2012

Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen



Während ich diese Zeilen hier schreibe, sitzt der portugiesische Musiker João Martins im Stadtgefängnis von Angra do Heroismo ein.
Sein Vergehen:
João Martins hat in seiner kleinen Bar, die er auf der Azoreninsel Terceira betreibt, die Raubkopie einer CD abgespielt.

Bei einer Bar, genauso wie bei einem Restaurant, einem Kino oder einem Schwimmbad, handelt es sich, im juristischen Sinne, immer um einen öffentlichen Platz.
Da das Abspielen von Raubkopien in der Öffentlichkeit aber aus urheberrechtlichen Gründen verboten ist und der Musiker so gegen das Recht auf geistiges Eigentum verstoßen hat, wurde er, zu Recht, zu einer Geldstrafe verurteilt.
João Martins hat sich aber geweigert diese Geldstrafe zu bezahlen, und musste daher nun für 30 Tage hinter Gitter.

Der Musiker hat, laut Gesetzbuch, zweifelsohne gegen geltendes Recht verstoßen und so meinten daher wohl die Richter ihm eine angemessene und gerechte Strafe auferlegen zu müssen, und sei es nur, um an ihm ein Exempel zu statuieren.
Aber, so frage ich mich und fragen sich viele andere Portugiesen auch:
wo bleibt die angemessene und gerechte Strafe für all die Persönlichkeiten, die den portugiesischen Staat immer und immer wieder im großen Stil betrogen und bestohlen haben?

Ich denke dabei vor allen Dingen an die zwei markantesten Fälle der letzten Jahre, nämlich an Fátima Felgueiras, die ehemalige Bürgermeisterin von Felgueiras, und an Isaltino Morais, den noch im Amt befindlichen Stadtoberhaupt von Oeiras, die beide nachweislich Bestechungen, Geldwäsche, Steuerhinterziehungen und Amtsmissbrauch im großen Stil begangen haben und dafür noch nicht einmal richtig bestraft wurden.

Ich Frage mich weiterhin:
ist es akzeptabel, das das Abspielen einer Raubkopie oder das unerlaubte downloaden von urheberrechtlich geschützten Werken im Internet wirklich strafrechtlich höher zu bewerten ist als das unterschlagen und stehlen von Millionen von Steuergeldern?

Wo kommen wir denn da hin?
Werden Morgen etwa Kleinkinder in Erziehungsbootcamps gesteckt, nur weil sie, ohne die Zustimmung der jeweiligen Komponisten und Autoren, Kinderlieder gesungen haben?
Werden demnächst ältere Frauen, die auf einer Parkbank zusammensitzen und häkeln, festgenommen nur weil sie eine mögliche Gefahr für die portugiesische Textilindustrie darstellen?
Oder werden gar bald die vielen jungen Kicker dazu verdonnert, an Cristiano Ronaldo und Luis Figo, nur weil sie deren Trikots tragen und ihre Fußballtricks auf dem Platz nachahmen, Tantiemen zu zahlen?

Lächerlich, einfach nur lächerlich!