Samstag, 12. Mai 2012

Fatima, Altar der Welt



In dem Moment in dem ich diese Zeilen schreibe, laufen in den Abendnachrichten des portugiesischen Fernsehens beeindruckende Bilder der Lichterprozession in Fatima.
Der weltberühmte portugiesische Wallfahrtsort Fatima liegt mitten in Portugal auf dem einst öden Hochland von Cova da Iria, gut 20 km südöstlich der Stadt Leiria.
Alljährlich pilgern bis zu 5 Millionen Gläubige aus aller Welt an diesen Ort, um die Vergebung ihrer Sünden zu erbitten oder Heilung zu erflehen.
Die Hauptwallfahrten, die alljährlich am 13. Mai und am 13. Oktober stattfinden, werden immer von den von mir schon erwähnten großen Lichterprozessionen begleitet, die jeweils immer in der Nacht vom 12. auf den 13. stattfinden.

Am 13.Mai 1917, und weiterhin am 13. eines jeden Monats bis zum Monat Oktober desselben Jahres, soll den drei Hirtenkindern (port.: Três pastorinhos) Lucia de Jesus sowie Francisco und Jacinta Marto, nahe des damals unbedeutenden Dorfes Fatima die Muttergottes vom Rosenkranz (port.: „Virgem do Rosário) in einem Lichtstrahl erschienen sein, als sie ihre Schafe hüteten.

Die Nachricht der Erscheinung verbreitete sich rasch und zunächst verhielt sich die Kirche gegenüber diesen Visionen skeptisch, um nicht zu sagen ablehnend.
Dennoch pilgerten bei der letzten Erscheinung am 13. Oktober 1917 über 70.000 Menschen nach Fatima um der erhofften Marienerscheinung beizuwohnen.
Und angeblich wurden diese Menschen nicht nur Zeugen der Marienerscheinung, sondern auch eines merkwürdigen Naturschauspiels:
Bei strömenden Regen soll die Sonne damals plötzlich begonnen haben, sich als Feuerball um ihre eigene Achse zu drehen und dabei bunte Strahlenbündel auszusenden, die die Erde ringsum berührten.
In den Tagen nach diesen Ereignissen soll es zu einigen wundersamen Krankenheilungen gekommen sein: so konnten angeblich auf einmal Blinde plötzlich sehen, Lahme plötzlich gehen und Taube plötzlich hören.

Aber nur die drei Kinder konnten die Jungfrau sehen und nur Lucia konnte sie auch hören. Lucia war auch die einzige, der die Jungfrau Maria die drei Prophezeiungen von Fatima verkündete.
Die erste Prophezeiung betraf das Nahe Ende des 1. Weltkrieges.
Die zweite Prophezeiung sagte den Niedergang des kommunistischen Russlands voraus, und das wenige Wochen bevor die Kommunisten überhaupt die Macht in Russland übernahmen.
Die dritte Prophezeiung wurde bis zum Jahre 2000 verschlossen im Vatikan aufbewahrt und soll angeblich das Attentat auf Papst Johannes Paul II am 13. Mai 1981 vorausgesagt haben. Eine genaue Stellungsnahme ist aber hierzu bis heute nicht aus dem Vatikan herausgegeben worden.

Die kirchlichen Behörden untersuchten mehrere Jahre lang die Vorfälle und erkannten den Madonnenkult von Fatima schließlich 1930 offiziell an.
Erst am 13. Mai 1963 erteilte Rom seine Bewilligung für eine eigene Messe in der Basilika von Fatima, zu Ehren der „Nossa Senhora de Fatima“ (dt.: Jungfrau von Fatima).
Sechs Jahre später, am 13. Mai 1969, kam Papst Paul VI, als erster päpstlicher Pilger nach Fatima und titulierte den Wallfahrtsort mit dem Namen „altar do mundo“ (dt.: „Altar der Welt“), einen Namen den Fatima bis heute mit Stolz trägt.

Auch wenn man kein gläubiger Katholik ist, so ist Fatima alleine schon wegen seiner Bauwerke und wegen seiner riesigen Dimensionen ein Besuch wert.
Geradezu gigantische Ausmaße, nämlich über 150.000 qm², hat der Versammlungsplatz von Fatima, den viele gläubige auf den Knien rutschend, manchmal sogar auf allen vieren, durchmessen.
Wenn man bedenkt, dass der Petersplatz in Rom gerade mal nur halb so groß ist, wird man sich über die Dimensionen die in Fatima existieren erst richtig bewusst.

Beherrscht wird der Versammlungsplatz von der neobarocken Basílica Nossa Senhora do Rosário (dt.: Basilika der Muttergottes vom Rosenkranz) mit ihrem 65 m hohen zentralen Glockenturm.
Mit dem Bau der Basilika, die ein Werk des niederländischen Architekten Gerard van Krieken ist, wurde am 13. Mai 1928 begonnen.
Im Inneren befinden sich die Grabstätten der Geschwister Francisco und Jacinta Marto, die bereits 1919 bzw. 1920 verstarben, und das Grab ihrer Cousine Lucia de Jesus, deren sterbliche Überreste im Jahre 2006 hierher überführt wurden.
Nach beiden Seiten hin verbinden imposante Säulengänge die Basilika mit den ausgedehnten Kloster- und Hospitalgebäuden.

An der Stelle, an der die Jungfrau Maria 1917 den Kindern in den Zweigen einer Steineiche (port.: azinheira) erschienen sein soll, steht heute die Capela das Aparições (dt.: Erscheinungskapelle) vor der Basilika.
Ursprünglich stand hier eine kleine, schlichte Kapelle.
Diese Kapelle wurde damals vom 28. April bis zum 15. Juni 1919 von dem Maurer Joaquim Barbeiro, aus dem nahen Dorf Santa Catarina da Serra, aus einfachsten Mittel erbaut.
Am 06. März 1922 zerstörten Unbekannte bei einem Sprengstoffanschlag diese Kapelle.
Noch im selben Jahr wurde dann an gleicher Stelle wieder eine Kapelle erbaut, deren Fundamente die heutige Kapelle tragen.

Die Marienstatue der „Nossa Senhora de Fatima“ in der Kapelle ist das Wahrzeichen von Fatima. Sie ist ein Werk des Bildhauers José Ferreira Thedim und wurde am 13. Mai 1920 von Gilberto Fernandes dos Santos gestiftet.
Die Marienstatue, die aus brasilianischem Zedernholz ist, misst gerade mal 1,10 m.

Gegenüber der Basilika, auf der anderen Seite des riesigen Platzes, steht die am 13. Oktober 2007 eingeweihte Igreja da Santissima Trindade (dt.: Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit).
Diese Kirche, mit ihren 8.633 Sitzplätzen und einer überdachten Fläche von 40.000 qm², ist der viertgrößte Kirchenbau der Welt und ein Werk des griechischen Architekten Alexandros Tombazis.
Sie ist, und darauf legt die katholische Kirche großen Wert, alleine durch Spenden von gläubigen Fatimawallfahrern erbaut worden.
Unweit der Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit steht ein 3,60 m hohes und 2.600 kg schweres Fragment der Berliner Mauer, das an die zweite Prophezeiung erinnern soll, die das Ende des Kommunismus voraussagte.

Wer generell nichts für Pilgerstätten übrig hat, sollte Portugals größten und bedeutendsten Wallfahrtsort meiden, denn dieser Ort hat heute leider mehr das Flair eines für die Abfertigung von Hunderttausenden konzipierten religiös angehauchten Disneylands als den eines wahrlich heiligen Ortes.
Nichtsdestotrotz ist Fatima ein außergewöhnlicher Ort, den man auf alle Fälle einmal besuchen sollte.

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