Freitag, 11. November 2011

Évora






Évora, die auf einer flachen Anhöhe gelegene alte Hauptstadt des Alentejos, ist heute der Hauptort des gleichnamigen Distrikts, Sitz eines Erzbischofs und seit 1979 wieder einer Universitätsstadt.
Wirtschaftliche Bedeutung hat die Stadt als größter Umschlagplatz für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse des Alentejo, wie Kork, Oliven und Wolle und durch die in Évora ansässige bedeutende Elektroindustrie.
An die 50.000 Menschen leben und arbeiten in dieser Stadt.

Évora gilt als einer der ältesten Handelsplätze der Iberischen Halbinsel. In römischer Zeit war Évora zunächst unter dem Namen Ebora und später, unter der Herrschaft Julius Caesars, als Liberalitas Iulia eine sehr bedeutende Stadt.
Im Jahre 715 eroberten die Mauren die Stadt, und nannten sie Yebora.
Genau 450 Jahre später, im September des Jahres 1165, eroberte der portugiesische Ritter Giraldo Sem Pavor (dt.: Giraldo, der Furchtlose) die Stadt und überließ sie König Afonso Henriques als Geschenk.

Vom 14. Jahrhundert bis zum 16. Jahrhundert war Évora zeitweise Residenz der portugiesischen Könige und damit Mittelpunkt des politischen und kulturellen Lebens im Land.
Mit der ständigen Verlegung der Regierungsgeschäfte nach Lissabon sowie mit der Schließung der 1558 gegründeten Universität, verlor die Stadt schnell ihren Glanz und Einfluss.
Erst in den letzten Jahrzehnten eroberte sich Évora, bedingt durch seine touristische Bedeutung, einen Teil davon zurück.

Mit ihren zum großen Teil noch erhaltenen Mauern aus römischer, maurischer und späterer Zeit sowie mit ihren engen, mitunter von Bogengängen gesäumten Gassen, bittet Évora ein Stadtbild von maurisch-mittelalterlichem Gepräge.
So ist sie heute hier in Portugal, zu Recht, als „Cidade Museu“ (dt.: Museumsstadt) bekannt.

Évora hat eine Fülle von Sehenswürdigkeiten.
Es ist mir praktisch unmöglich sie alle aufzuzählen. Dennoch will ich versuchen die schönsten und bedeutendsten hier aufzuführen:

• Sé de Évora (dt.: Kathedrale von Évora) – Die Kathedrale der Stadt ist ein im Jahre 1186 begonnener und im 14. Jahrhundert vollendeter frühgotischer Granitbau von wehrhafter Strenge. Das Innere des Gotteshauses ist von beeindruckender Schlichtheit und Harmonie. Unbedingt zu beachten ist in dieser Kirche der Hochchor, der die sanft bewegten Linien des Barocks zeigt. Er wurde im 18. Jahrhundert von dem Deutschen Johann Friedrich Ludwig (port.: João Frederico Ludovice), dem Erbauer des Klosterpalastes von Mafra, im Stil der Zeit umgestaltet. Er verkleidete die ursprünglichen Granitquader mit reichlich Marmor. Zu den kostbarsten Exponaten der Kathedrale gehört ein Triptychon in Gestalt einer elfenbeinernen Madonna mit Kind und zahlreiche hervorragende Goldschmiede- und Emailarbeiten aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Der ehemals in der Sakristei aufbewahrte Kirchenschatz befindet sich heute im Museu de Arte Sacra (dt.: Museum für Sakrale Kunst), das sich in einigen Räumen des Kathedralensüdturms befindet. Das einzige negative, das man über die Sé von Évora sagen kann, ist die Tatsache, dass man Eintrittsgeld bezahlen muss, wenn man das Gotteshaus besichtigen will

• Templo Romano (dt.: Römischer Tempel) – Gegenüber der Sé erhebt sich der als Wahrzeichen von Évora geltende Römische Tempel. Das aus dem 2. oder 3. Jahrhundert stammende Bauwerk ist eines der besterhaltenen aus römischer Zeit in Portugal. Volkstümlich wird er auch als Dianatempel (port.: Templo de Diana) bezeichnet. Es ist aber bis heute nicht geklärt, welcher Gottheit der Tempel früher geweiht war

• Universidade de Évora (dt.: Universität von Évora) – Das Gebäude der Universität wurde im Jahre 1551 als Jesuitenkolleg im Stil der italienischen Renaissance erbaut. 1558 wurde das Jesuitenkolleg zur Universität erhoben. Als der Jesuitenorden 201 Jahre später, im Jahre 1759, in Portugal verboten wurde musste die Universität ihre Türen schließen. Nachdem Évora 1979 wieder eine Universität bekam, sind in dem alten Gebäude wieder Hörsäle eingerichtet worden. Viele von ihnen weisen einen reichen Marmor- und Azulejoschmuck vor. Die Universitätskirche Nossa Senhora da Conceição wurde 1574 geweiht und ist ebenfalls üppig mit Marmor ausgestattet

• Igreja de São Francisco (dt.: Kirche des Heiligen Franziskus) – Bei der Kirche Igreja de São Francisco handelt es sich um eine ehemalige Klosterkirche aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Berühmt ist São Francisco für sein Beinhaus (port.: casa dos ossos) aus dem 17. Jahrhundert. Berühmt deshalb, weil die Wände des Beinhauses voll und ganz aus übereinander zusammen geschichteten menschlichen Knochen und Skeletteile bestehen. Ein Besuch dieser Kirche ist, zugegeben, schon etwas makaber, zumal über dem Eingang der Knochenkapelle der Spruch geschrieben steht: „Nós ossos, que aqui estamos, pelos vossos esperamos“ (dt.: „Unsere Gebeine, die hier ruhen, warten auf die Euren“). Aber man sollte sich die Gelegenheit dieses wohl bedeutendsten Baudenkmals manuelistischen Stils in ganz Südportugal keinesfalls entgehen lassen

• Praça do Giraldo (dt.: Giraldoplatz) – Hier, an diesem lang gestreckten Platz schlägt das Herz der Stadt. Einst war hier die Richtstätte der Inquisition und er war lediglich ein Schauplatz vieler leidvoller Szenen. Doch heute ist er ein malerischer Ort, mit vielen Straßencafés und hübschen Häusern und Arkadengängen. An der Nordseite der Praça do Giraldo steht ein marmorner Renaissancebrunnen, der 1581 von dem Künstler Afonso Avares geschaffen wurde. Nur ein paar Meter vom Brunnen entfernt ragt die Kirche Santo Antão auf. Sie wurde 1557, auf Anordnung des damaligen Erzbischofes uns Kardinals Henrique, erbaut. Henrique sollte später Berühmtheit erlangen, als er nämlich von 1578 bis 1580 als Kardinalkönig (port.: cardinal-rei) auf dem portugiesischen Thron saß, als letzter König aus dem Hause Avis.

Weitere erwähnenswerte Sehenswürdigkeiten Évoras sind, unter anderem, der ehemalige königliche Palast Paço dos Condes de Basto, das Kloster Convento dos Lóios, der Platz Largo das Portas de Moura, die Kirche Igreja da Graça, der öffentliche Park Jardim Público, die Kirche Igreja das Mercês, das ehemalige Kloster Santa Clara, der Aquädukt und die wuchtige Stadtmauer.
Jede Sehenswürdigkeit für sich ist ein Juwel Évoras.
Nicht umsonst hat die UNESCO im Jahre 1986 Évora zum Weltkulturerbe erklärt.

Der berühmte portugiesische Poet Fernando Pessoa sagte einmal über die Stadt:

Die Seele Évoras beruht darauf, dass sich ihre Besucher unversehens mitten in ihre Geschichte zurückversetzt fühlen.

Fernando Pessoa hatte zweifelsohne Recht!

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