Samstag, 15. Oktober 2011

Die Erste Belagerung und Eroberung von Lissabon


Vielleicht hatten schon die Römer auf dem höchsten Hügel ihrer „Felicitas Julia“ ein Kastell.
Vielleicht sahen sie von dort oben aus fasziniert den Sonnenspielen im Strohmeer (port.. Mar da Palha), wie die breite Bucht des Tejo von den Lissabonnern genannt wird, zu.
Man weiß es ehrlich gesagt nicht.

Man weiß nur, dass irgendwann die Römer gingen und die Westgoten kamen. Doch auch sie waren irgendwann Geschichte und im 8. Jahrhundert n. Chr. eroberten die Mauren (port.: mouros) die Burg.
Sie verwandelten sie alsbald in einen stolzen Alkazar und 400 Jahre lang wehte die Fahne des Propheten Mohammed über den Zinnen.

Bis im Jahre 1147 sich die Portugiesen unter König Afonso Henriques I anschickten die Stadt zuerst zu belagern und dann zu erobern.
Mit der Eroberung Lissabons setzte Afonso Henriques damals die Grundlage für seine Herrschaft über ganz Portugal.

Zuvor hatte der König im März 1147, mit einer kleinen Truppe, die nördlich von Lissabon gelegene Stadt Santarém von den Mauren befreit.
Um aber in das strategisch wichtige Lissabon einzumarschieren brauchte Afonso Henriques mehr als nur ein paar Mann.

Da traf es sich gut, das am 28. Juni eine Flotte von 164 Schiffen mit insgesamt 13.000 Mann etwas nördlich von Lissabon anlandete.
Diese 13.000 Männer waren Kreuzritter (port.: cruzados) aus England, Deutschland, der Normandie, Schottland, Friesland und Flandern, die am Zweiten Kreuzzug (port.: Segunda Reconquista) teilnahmen und sich auf dem Weg ins Heilige Land befanden.

Eigentlich wollten sie so schnell wie möglich nach Jerusalem weiterreisen.
Aber als König Afonso Henriques ihnen das Recht zur Plünderung Lissabons zugestand, wenn sie anschließend ihm die eroberte Stadt überlassen würden, ließen sie sich von der lukrativen Aussicht überzeugen, ihre Reisekasse durch reiche Beute aufbessern zu können.

Am 01. Juli 1147 begann offiziell die Belagerung Lissabons.
Den 4.000 Portugiesen standen 6.000 Engländer, Normannen und Schotten, sowie 5.000 Deutsche und Friesen und 2.000 Flamen zur Seite.
Gemeinsam kämpfte diese Truppe gegen etwa 7.000 maurische Soldaten und einer zivilen Bevölkerung von ca. 11.000 Einwohnern.

Über fast vier Monate hinweg fanden tagtäglich Scharmützel statt.
Zwar konnten die Portugiesen und die Kreuzfahrer die Stadt langsam für sich einnehmen, die Eroberung der maurischen Burg aber, das Herz der Stadt, erwies sich als äußerst schwierig.
Mehrere Male stand die Belagerung der Stadt auf der Kippe.
Da aber die Nahrungsversorgung der Verteidiger mit der Zeit immer schwieriger wurde und die benachbarten maurischen Fürsten keine Unterstützung entsendeten, entschied sich bald der Krieg zugunsten der portugiesischen Truppen.

Am 24. Oktober 1147 setzten die Engländer und die Deutschen die drei südlichen Burgtore unter heftigen Beschuss und fügten den Verteidigern die ersten größeren Verluste bei.
Martim Moniz, einer der Ritter des Königs, eroberte mit ein paar Mann eines der Tore das in der Zwischenzeit geöffnet war.
Als die Mauren das Tor wieder schließen wollten, warf sich Martim Moniz, unter Einsatz seines eigenen Lebens, zwischen Tor und Torrahmen, so dass die Mauren ihn nicht wieder schließen konnten und die portugiesischen Truppen so in die Burg einmarschieren konnten (lesen sie hierzu bitte auch meinen Beitrag „Martim Moniz“ vom gestrigen 14. Oktober 2011).
Noch am gleichen Tag gaben die Mauren auf und willigten einer Übergabe der Stadt ein.
Eine Kapitulation die leider zu spät kam, denn sie kostete vielen Menschen das Leben.

Während sich auf portugiesischer Seite die Verluste auf insgesamt 1.000 Tote und Verletzte beliefen waren die Verluste auf maurischer Seite weitaus höher. Mann schätzt das etwa 4.000 maurische Soldaten bei der Belagerung Lissabons ums Leben kamen und etwa 6.000 Soldaten und Einwohner verletzt wurden.

Die Hoffnung der Kreuzritter auf reiche Beute erfüllte sich.
Einige von ihnen setzten ihre Weiterreise ins Heilige Land gar nicht mehr fort, sondern kehrten in ihre Heimat als reiche Männer zurück.
Wiederum andere, wie die Normannen Arnold III de Aerschot und Christian de Ghistelles, der Schotte Henry Glanville, die Engländer Simon of Dover, Andrew of London und Gilbert of Hastings, der Flame Saher de Archelle und der Deutsche Heinrich von Bonn, ließen sich noch im selben Jahr als Siedler in Lissabon und Umgebung nieder.
Zu dem Engländer Gilbert of Hastings sei noch zu sagen, dass er noch im selben Jahr, 1147, zum ersten Bischof von Lissabon ernannt wurde.

Aber die meisten der Kreuzritter wartete nur den Winter ab, um dann Anfang Februar 1148 ihren Kreuzzug ins Heilige Land fortzusetzen.
Der Zweite Kreuzzug sollte später, mit einer vernichtenden und blutigen Niederlage in Kleinasien, in einem Fiasko enden.
Die Eroberung Lissabons sollte eines der wenigen Erfolge der Kreuzritter sein, genauso wie die Eroberungen dreier anderer portugiesischer Städte, nämlich Santarém, Sintra und Palmela.

Sowohl Afonso Henriques I als auch seine drei Nachfolger Sancho I, Afonso II und Sancho II residierten in der Burg nur zeitweilig.
Erst Afonso III machte im Jahre 1255 die Burg zu seinem ständigen zuhause, und somit Lissabon zur Hauptstadt des Landes – bis heute!

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