Mittwoch, 23. September 2009

Ein Denkmal als Taubenschreck


Im Zentrum eines der schönsten und harmonischsten Plätze der portugiesischen Hauptstadt, wenn nicht gar dem schönsten Platz, steht ein bronzenes Reiterdenkmal, der dem Platz etwas Majestätisches und Erhabenes gibt.

Es handelt sich bei dem Platz um den „Terreiro do Paço“ (dt.: Palastterrasse), wie die Lissabonner ihn heute noch nennen, obwohl er seit über 200 Jahren offiziell den Namen „Praça do Comercio“ (dt.. Handelsplatz) trägt.
Und bei der Statue handelt es sich um das Reiterstandbild aus Bronze für König José I, der auf seinem Lieblingspferd „Gentil“ reitet.

Das Reiterdenkmal für José I ist die erste Bronzestatue überhaupt, die in der Stadt aufgestellt wurde.
Nach den Notizen des Baumeisters Machado de Castro wurden insgesamt 38.564 kg reinste Bronze in 28 Stunden verschmolzen, um die Statue herzustellen.

83 Männer waren damals nötig um die Statue, in einem für den Bau des Denkmals extra errichteten Hochofens, zu gießen.
Der Hochofen stand im Heeresarsenal, dort wo heute das Militärmuseum (port.: Museu Militar) steht.

Es wird berichtet, das nach dem Bau des Denkmals, man vier ganz Tage brauchte, um Selbiges vom Heeresarsenal bis zur Praça do Comercio zu ziehen.
Insgesamt zogen 1000 Männer und 400 Ochsen die Statue, auf einen speziell dafür entworfenen Wagen, die knappen 2 km bis an ihren Standort.
Alles was unterwegs ein Hindernis darstellen konnte, wurde auf Anweisung des Königs demoliert.
Im Terreiro do Trigo, der auf halbem Weg zwischen dem Hochofen und der Praça do Comercio lag, wurden ganze Häuserzeilen abgerissen.
Und auch die Bögen der Rua das Portas da Cruz wurden ohne Erbarmen niedergerissen, da sie zu niedrig waren, um die Statue ungehindert durchlassen zu können.

Am 06. Juni 1775, dem 61. Geburtstag seiner Majestät des Königs, wurde mit einem unvergleichlichen Pomp das Denkmal feierlich eingeweiht.
Die ganze königliche Familie war anwesend, ebenso der ganze Hochadel und der Klerus.
Es fanden Kutschencorsos statt, an der der ganze Adel und das diplomatische Corps teilnahmen, Banketts und Bälle wurden arrangiert, Militärparaden abgehalten, es fanden Feuerwerke statt und die Bevölkerung der ganzen Stadt feierte das Ereignis drei Tage lang mit Freibier und 400 Ochsen am Spieß (die 400 Ochsen, die vorher das Denkmal an seinen Platz gezogen hatten!).

Den größten Ruhm aber, heimste damals nicht etwa der Bildhauer ein, sondern der Gießer.
Nachdem sich Machado de Castro mit dem König verworfen hatte, da dieser immer mehr Extrawünsche an den Künstler hatte, die dieser nicht verwirklichen konnte oder wollte, gestand der König dem Gießer eine siebenfach höhere Pension zu, als die, die er dem Bildhauer gewährte.

Heute thront das Reiterdenkmal für José I auf einem Marmorsockel des Künstlers Pêro Pinheiro, mitten auf der Praça do Comercio, und schmückt sie ungemein.
Und wenn man genau hinschaut, dann wird man feststellen dass dieses Denkmal eines der wenigen der Stadt ist, das nicht von Taubendreck beschmutzt ist.

Woran das liegt?
Nun, der Bildhauer Machado de Castro hat, als er das Denkmal erschuf, es so dargestellt, als ob das Pferd über Schlangen reitet, und sie so optisch zertritt. Die Schlangen sollten symbolisch die Feinde des Königs darstellen.

Die heutigen Tauben, die sich für gewöhnlich auf alles niederlassen was nicht mit Dornen oder Elektrodrähten geschützt wird, halten die bronzenen Schlangen von damals tatsächlich für echt und lebend, und halten sich deshalb von dem Denkmal fern.
So hat der Bildhauer, als er die Schlangen erschuf, ohne es zu ahnen, dafür gesorgt, das noch heute, sein Denkmal strahlt, während andere Denkmäler der Stadt zunehmend im Taubenkot versinken.

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