Dienstag, 25. August 2009

Rossio



Der Rossio ist der Hauptplatz der Stadt Lissabon. Er ist das „Herz“ der Hauptstadt, wo man sich zum Kaffeetrinken, Zeitungslesen und auf ein kleines Schwätzchen trifft.
Eigentlich heißt der Rossio offiziell seit über 125 Jahren „Praça Dom Pedro IV“.

Aber wie ich schon einmal, in einem früheren post, geschrieben habe, gewöhnen sich die Lissabonner nur sehr schwer an die Namensänderungen ihrer Straßen, Plätze und Parks.

Wortwörtlich übersetzt heißt Rossio „großer Platz“. Und das ist er dann auch, einer der größten und majestätischsten Plätze der Stadt. Schon auf den ältesten Stadtkarten Lissabons taucht er als der zentrale Platz auf. Er hat schon vieles gesehen und erlebt, der Rossio: öffentliche Hinrichtungen, Zirkusleute und Gaukler die ihre Kunststücke vollführten, Turniere, Hexenverbrennungen, Stierkämpfe, königliche Hochzeiten, Revolutionen und Jubelfeiern.

Alles begann Mitte des 13. Jahrhunderts. Da war hier, wo heute das Herz Lissabons schlägt, ein großer Olivenhain. Unter den Olivenbäumen begann man damals einen Wochenmarkt abzuhalten. Mit der Zeit dann, begann man um den Olivenhain Häuser, Werkstätte und Lager zu bauen. Sogar ein Krankenhaus, das Allerheiligenkrankenhaus (Hospital de Todos os Santos) stand bis 1750 hier.

Andere historischen Gebäude, die hier am Platz standen und die es heute leider nicht mehr gibt, waren das Dominikanerkloster (Convento de São Domingo) und der Estauspalast (Paço dos Estaus), aus dem 15. Jahrhundert, der über 300 Jahre hinweg Botschaftern, Hofangestellten und im 16. Jahrhundert für einige Zeit sogar der königlichen Familie, als Wohnsitz diente.

Das Gericht der Inquisition, stand dort, wo sich heute das Nationaltheater D. Maria II steht. In seinen Mauern fanden die Tribunale der Heiligen Inquisition statt. Dort herrschten Engstirnigkeit, Grausamkeit, Fanatismus, Verblendung und Intoleranz.
Gleich vor dem Inquisitionsgebäude, dort wo heute die Brunnen stehen, wurden über die Jahrzehnte hinweg tausende von Menschen wegen ihres Glaubens und ihrer politischen Einstellung gefoltert und hingerichtet. Juden, Mauren, Glaubensabtrünnige und so genannte Hexen wurden wegen ihrer Überzeugungen getötet.

Die Gebäude, die heute den Rossio umrahmen, stammen alle aus dem 19. Jahrhundert, und wurden nach dem großen Erdbeben von 1755 errichtet. Nur ein Bauwerk ist aus früherer Zeit übrig geblieben, nämlich der Bandeirabogen (Arco da Bandeira), der an der Südseite des heutigen Rossios lokalisiert ist, und sich zwischen dem Rossio und der Rua dos Sapateiros spannt.

Zwei Brunnen stehen auf dem Rossio. Zwischen diesen beiden Brunnen, steht auf einer 28 Meter hohen Marmorsäule, die Statue für König D. Pedro IV, die 1870 eingeweiht wurde, und die dem Platz den heutigen Namen gab.

Dieses Denkmal, für einen der wichtigsten Monarchen der portugiesischen Geschichte erbaut, stellt aber nicht König Pedro IV dar, sondern den mexikanischen Kaiser Maximilian I.

Wie kommt es aber dazu, dass ein mexikanischer Kaiser da steht, wo eigentlich ein portugiesischer König stehen sollte?

Nun, Kaiser Maximilian regierte zur selben Zeit wie König Pedro IV. Als Maximilian, im fernen Mexiko, bei einer Revolution erschossen wurde, weigerte sich der mexikanische Staat dem französischen Bildhauer Elias Robert, der ein Denkmal für Maximilan fertiggebaut hatte, auszubezahlen. Dieser hatte nun eine Statue zu viel in seinem Atelier. Als nun König Pedro IV ein Denkmal von sich in Auftrag gab, bot ihm der französische Künstler an, das Denkmal Kaiser Maximilians, natürlich nach einigen kleinen Veränderungen, zu einem sehr günstigen Preis zu überlassen.
König Pedro IV nahm diese Offerte, nach kurzem Zögern, aus zwei unschlagbaren Gründen an:

Zum ersten, waren er und Kaiser Maximilian sich äußerlich sehr ähnlich, und in 28 Metern Höhe würde sowieso keiner mehr den Unterschied merken, so meinte er selbstironisch.

Und zum zweiten befand sich Portugal damals, nach den Kriegen mit Napoleon, in einer sehr schwierigen wirtschaftlichen und finanziellen Situation. Der Staatsbankrott war ausgerufen worden, und so konnte der König das Angebot von Elias Robert nicht ausschlagen (in einem zukünftigen post werde ich ausführlicher über die Statue von Pedro IV berichten) und nahm dieses Denkmal im Ausverkauf an.

Heute beherrschen die Cafés und Restaurants, sowie ein paar alte Geschäfte den Rossio. Losverkäufer schreien die Nummer ihrer Lotterielose und Schuhputzer warten auf ihre Kunden, während Blumenverkäuferinnen ihre Ware an den Mann, bzw. an die Frau bringen.

Der Rossio ist wahrhaft eine Theaterbühne, auf der tagtäglich eine Aufführung des Lebens der Stadt dargeboten wird. Und wir, die Bürger dieser Stadt, haben den Luxus auf dem Rossio wie auf einem Logenplatz zu sitzen, während wir unsere Bica genießen.

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