Dienstag, 11. August 2009

Eugen Tillinger


„Für jemanden, der diese Stadt von früher kennt, ist es geradezu unvorstellbar, wie sie sich innerhalb ganz kurzer Zeit verändert hat.
Das Leben, das hier herrscht, steigert sich von Tag zu Tag. Immer neue Flüchtlinge aus Frankreich und den von den Deutschen okkupierten Gebieten kommen an.
Am Rossio Platz, im Zentrum der Stadt, hört man kaum ein Wort Portugiesisch. Hingegen vernimmt man so ziemlich sämtliche Sprachen und Idiome, die es gibt, vor allem aber Französisch, Englisch und Deutsch. Doch auch Polnisch, Holländisch und Flämisch klingt einem entgegen.

Lissabon ist ausverkauft. Als vergleich kann man vielleicht die paar Wochen in Salzburg während der alten Festspiele heranziehen: die Hotels sind überkomplett, man vermietet Badezimmer und legt die Matratzen in den Korridore.
Cafés und Restaurants sind überfüllt. Seit vielen Jahren hat es so etwas hier nicht gegeben. Die Stadt lebt auf. Gewaltige Summen ausländischen Geldes sind ins Land gekommen und werden von den Fremden in Umlauf gebracht.
Die Portugiesen wissen das aber auch zu schätzen und sind gegenüber den Fremden von einer bezaubernden Zuvorkommenheit.

Offiziell ist man streng neutral…
Die Neutralität wird sogar in en Zeitungskiosken beachtet; die englische und deutsche Presse, Tageszeitungen und Magazine hängen nebeneinander und zwar immer in Parität: 10 Tageszeitungen aus London müssen neben 10 Tageszeitungen aus Berlin hängen usw.“

Eugen Tillinger
In seinem Artikel „Aufbau“
vom 12.10.1940

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