Dienstag, 23. Juni 2009

Alfacinha = Lissabonner


Jede Stadt hat ihre Bürger.
Jede Stadt hat ihre Sehenswürdigkeiten.
Und es ist die Symbiose zwischen den Bürgern und den Sehenswürdigkeiten, die das Ambiente einer Stadt ausmachen.

Ich selber bin der Meinung, dass die Bürger einer Stadt, die „Eingeborenen“, die größte Sehenswürdigkeit einer jeweiligen Stadt sind. Sie sind nicht nur die Visitenkarte einer Stadt, sondern auch ihre Seele.
Glücklich die Stadt, deren Bürger sich mit ihr identifizieren!
Lissabon ist so eine glückliche Stadt, denn ihre Bürger identifizieren sich gerne mit ihr.

Die Bürger von Lissabon nennen sich selber „alfacinhas“. Auch die anderen Portugiesen nennen die Lissabonner „alfacinhas“.
Alfacinha ist die Verniedlichungsform des Substantivs „alface“. Und eine alface ist nichts weiter als ein Salatkopf. Ich sollte vielleicht noch dazu erwähnen, dass der Lissabonner die Angewohnheit hat, erbarmungslos alles zu verniedlichen.
Also sind die Lissabonner Bürger nichts weiter als Salatköpfchen. Ja, und ich bekenne mich: auch ich bin ein „Salatköpfchen“!

Wie kommt es aber zu dieser Bezeichnung?

Um es vorweg zu nehmen: kein Mensch weiß es!
Aber es gibt zwei eventuelle Begründungen:

In einer jüdischen Schrift von 1090 n. Chr. heißt es, dass in den Gärten von Lissabon „eine grüne Pflanze angebaut wird die die Mauren aus ihrer Heimat nach Lusitanien mitgebracht haben, die ihnen als Lebensmittel und Medizin dient. Diese grüne Pflanze nennen sie al-khaç“ . Alface ist also ein Wort aus dem arabischen.
Und dann wird da noch die Geschichte erzählt, dass einmal, während einer Belagerung der Stadt, sich die Mauren über Wochen nur von Salatköpfen ernährt haben sollen, und so die Belagerung überstanden hätten.

Ob einer dieser zwei Ereignisse wirklich der Grund dafür ist, das die Bürger der Hauptstadt dann ab dem 19. Jahrhundert als „alfacinhas“ bezeichnet wurden, verliert sich leider in den analen der Geschichte, und ist dementsprechend nicht sicher.

Was aber auf alle Fälle sicher ist, ist die Tatsache, dass der Lissabonner an sich ein wenig an Größenwahn leidet. Jedenfalls behaupten das neidvoll die anderen Portugiesen, vor allem die aus dem Großraum Porto.
Aber ich muss als Lissabonner zugeben, dass die Menschen dieser Stadt schon ein ganz besonderer Menschenschlag sind. Wir sind schon anders als andere Portugiesen, aber ob wir größenwahnsinnig sind, möchte ich mal dahingestellt lassen.
Obwohl, ein altes portugiesische Sprichwörter könnte dazu verleiten, dieser Meinung zu sein.
Er lautet übersetzt: „Lissabon ist Portugal und der Rest ist Landschaft“ (Lisboa é Portugal e o resto é paisagem) und meint das wir hier in der Hauptstadt wirklich der Nabel der Welt sind.

Nichtsdestotrotz sind wir Lissabonner Menschen mit dem Herzen am richtigen Fleck und mit der richtigen Einstellung in unseren Köpfen…

… in unseren Salatköpfchen!

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